Anfechtung

  • Unter dem Begriff Anfechtung versteht man im juristischen Sprachgebrauch eine „rechtsvernichtende Einrede.“

    Unter dem Begriff Anfechtung versteht man im juristischen Sprachgebrauch eine „rechtsvernichtende Einrede.“Durch die Anfechtung kann ein Geschäft rückgängig gemacht werden und die vertraglichen Ansprüche entfallen (ex-tunc-Wirkung der Anfechtung, § 142 I BGB). Eine Anfechtung liegt vor, wenn der Erklärende einen zulässigen Anfechtungsgrund gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner fristgemäß äußert.

    Eine Anfechtung setzt einen Willensmangel voraus. Dieser kommt in Betracht bei einer
    - Willenserklärung (wörtlich oder durch schlüssiges Verhalten)
    - Geschäftlichen Handlung;
    - Mahnung;
    - Einwilligung.


    Ausgenommen vom Anfechtungsrecht ist die Willensbetätigung. Unter Willensbetätigung versteht man zum Beispiel die Besitzaufgabe. Die Gründe einer möglichen Anfechtung lassen sich in vier große Bereiche einteilen

    Inhalts- und Erklärungsirrtum (§ 119 I Alt. 1, 2 BGB)
    Beispiel 1: A bestellt bei B ein Dutzend Fliesen in der Annahme ein Dutzend seien 10 Stück. In Wirklichkeit versteht man unter ein Dutzend Fliesen 12 Stück.
    Beispiel 2: A will bei B 100 Fliesen bestellen, bleibt bei dem Bestellvorgang am Computer aber versehentlich zu lange auf der 0-Taste und bestellt daher aus Versehen 1000 Fliesen.

    In beiden Fällen ist ein Anfechtungsgrund gegeben, da der Geschäftswille beziehungsweise Erklärungswille fehlt und das subjektiv Gemeinte von dem abweicht, wie es äußerlich zu verstehen gewesen ist. Ob eine Abweichung zwischen subjektiven und objektiven Vorstellungen vorliegt, ist im Wege der Auslegung aus der Perspektive des objektiven Empfängerhorizonts zu beurteilen. Dies erfolgt nach der Leitfrage: wie hätte ein besonnener und unbefangener Dritter die Erklärung mit Rücksicht auf die übliche Verkehrssitte und Gepflogenheiten aufgefasst?

    Beispiel: Hat der A im obigen Beispiel dem B kurz zuvor erst erzählt, dass er demnächst bei ihm 100 Fliesen bestellen wolle, und weiß B zudem, dass A mit 1000 Fliesen nichts anfangen könnte, so gilt nur eine Bestellung von 100 Bohrmaschinen.


    Eigenschaftsirrtum (§ 119 II BGB)
    Beim Eigenschaftsirrtum muss eine falsche Vorstellung über eine wertbildende Eigenschaft vorliegen, die von gewisser Dauer ist. Der Wert selbst ist keine Eigenschaft im Sinne des BGB. Dieser hängt nämlich von rein äußeren Faktoren ab. Als Eigenschaft zählen beispielsweise Merkmale wie Material, Hersteller und Herstellungsjahr bei Gütern oder das Alter, die Zahlungsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit bei einer Person.


    Falsche Übermittlung (§ 120 BGB)
    Beispiel: A beauftragt seine Sekretärin S, bei B 100 Fliesen zu bestellen. S bestellt aber aus Versehen 1000 Fliesen. A kann die Erklärung nach § 120 BGB anfechten.
    Voraussetzung ist, dass die Sekretärin den Sachbestand unbewusst falsch übermittelt.


    Arglistige Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB)
    Eine Täuschung hat laut Definition das Ziel einer Fehlvorstellung von Tatsachen und arglistig bedeutet so viel wie „vorsätzlich“. Dazu zählen Kaufverträge bei denen dem Kunden bewusst etwas verschwiegen wurde.


    Beispiel 1: A verkauft dem B einen Gebrauchtwagen. Dabei hält er es gut für möglich, dass es sich dabei um einen Unfallwagen handelt, was er dem B aber verschweigt.


    Abgeschlossene Willenserklärungen, bei denen der Erklärende bedroht wurde, sind ebenfalls anfechtbar.
    Beispiel 2: F, die eine Affäre mit ihrem Chef C hat, nötigt diesen zu einer Gehaltserhöhung, mit der Drohung sonst zu der Frau des C zu gehen und dieser alles zu erzählen.



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