Bodyguards für Obdachlose

  • Bodyguards für Obdachlose
    Nach brutalen Übergriffen: Üstra-Sicherheitsdienst erarbeitet Schutz-Konzept


    VON DIRK ALTWIG
    HANNOVER. Nach sieben brutalen Angriffen auf Obdachlose in der Innenstadt startet der Sicherheitsdienst Protec eine beispielhafte Initiative zum Schutz der Stadtstreicher – das bestätigte Protec-Chef Dietmar Götze der NP auf Nachfrage.
    „Die Angst unter den Obdachlosen wächst“, sagt Götze. „Wir wollen deshalb gezielt auf Plätze achten, wo sich Obdachlose aufhalten.“ Sie seien ein Teil der Gesellschaft, betont der Geschäftsführer der Üstra-Tochter. „Das Mindeste, was wir tun können, ist, dafür zu sorgen, dass sie ruhig schlafen können.“
    Noch laufen die Vorbereitungen des Projekts. Initiator Götze arbeitet unter anderem mit der Straßenzeitung „As-phalt“ zusammen. Bis zum Jahresende sollen Details geklärt sein.
    Unter den Übergriffen auf Obdachlose in diesem Jahr hatte eine Tat im Januar besonderes Aufsehen erregt. Jugendliche hatten am Raschplatz einen 52-Jährigen gequält und die Tat sogar mit dem Handy gefilmt.
    Zuletzt war am 15. September ein Angriff bekannt geworden – ein 16-Jähriger hatte einen Mann (67) an der Haltestelle Uhlhornstraße (Kleefeld) attackiert. Dafür wurde der Jugendliche im Schnellverfahren zu vier Wochen Dauerarrest verurteilt.
    Bereits in den vergangenen Jahren hatte sich die Üstra in der kalten Jahreszeit gegenüber Obdachlosen tolerant gezeigt. Bei starkem Frost gestattet das Unternehmen traditionell das Übernachten auf der unteren Bahnsteigebene der Station Kröpcke.
    Mit 57 Mitarbeitern kümmert sich die Protec um die Sicherheit in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und in den Bussen und Stadtbahnen der Üstra. Weitere Beschäftigte sind im Reinigungsbereich und als Ordnungsdienst bei den Heimspielen von Hannover 96 und anderen Großveranstaltungen tätig.

    Sed quis custodiet ipsos custodes?


    "None of you understand. I'm not locked up in here with you. You're locked up in here with me."

  • Wachschutz für Obdachlose
    Neues Projekt in Hannover gestartet


    Hannover (ddp). Martin lebt seit zwölf Jahren in Hannover auf der Straße. Ganz bewusst habe er sich seinen Schlafplatz in der Innenstadt in einem langen Geschäftseingang gesucht, sagt der gelernte Dachdecker. Sobald sich jemand nähere, schalte ein Bewegungsmelder das Licht an. Damit will Martin gewalttätigen Übergriffen vorbeugen und sich sicherer fühler. Trotz der eigenen Vorkehrungen findet er es aber gut, dass künftig in Hannover private Sicherheitskräfte Obdachlose schützen wollen, sagt der 41-Jährige.


    Bundesweit einzigartiges Projekt
    Das geschieht im Rahmen des bundesweit einmaligen Projekts «Außen vor», bei dem Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens protec, einer Tochterfirma der Hannoverschen Verkehrsbetriebe, auch für die Sicherheit jener Menschen sorgen, die auf der Straße leben. Dies geschieht nicht ohne Grund: Allein in diesem Jahr habe es in Hannover mindestens sechs schwere Überfälle auf Obdachlose gegeben, sagt protec-Wachschützer Sascha H., während er mit einem Kollegen Streife in der Innenstadt läuft.


    Auch hinter Martins Vorsicht stecken schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit. Zu oft schon sei er von Jugendlichen an seinem Schlafplatz angepöbelt und gar bedroht worden. «Wenn die am Wochenende zu viel Alkohol getrunken haben, machen sie nachts eine Welle», sagt Martin. Wie zum Beweis, dass er sich wehren kann, richtet er sich aus seinem Schlafsack auf und hält einen Knüppel hoch, den er neben sich liegen hat. «Bevor die mich zu fassen kriegen, habe ich zwei von denen am Wickel», sagt er.


    Polizei sieht Projekt als Hilfe
    Doch soweit soll es erst gar nicht kommen. «Wir haben in den Dienstplänen die Route der Mitarbeiter so geändert, dass sie bei den Kontrollgängen mühelos die Schlafplätze der Obdachlosen aufsuchen können», erläutert protec-Geschäftsführer Dietmar Götze. Sein Sicherheitsunternehmen fühle sich schließlich dem Schutz aller Menschen verpflichtet. An Wochenenden, bei Veranstaltungen oder bei Fußballspielen würden die Kontrollgänge noch verstärkt. Bei der Polizei in Hannover werde das Projekt als eine «ergänzende Hilfe» gesehen, sagte Polizeisprecher Thomas Buchheit.


    Werena Rosenke, stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Bielefeld, weiß, dass Obdachlose, die im Freien nächtigen, permanent in Gefahr sind. Vor allem in Ostdeutschland gebe es brutale Übergriffe Rechtsradikaler, sagt sie. Die Opfer würden im Schlaf überfallen.


    Bevölkerung auf Obdachlose aufmerksam machen
    Er wolle mit seiner Initiative den Obdachlosen nicht nur Schutz bieten, sondern auch ein Zeichen setzen, sagt protec-Geschäftsführer Götz. Ziel sei es, die Bevölkerung auf die Situation der Obdachlosen aufmerksam zu machen und sie zu mehr Verantwortung gegenüber den Randgruppen zu bewegen.


    Derweil laufen Sascha H. und sein Kollege weiter durch Hannovers Innenstadt, sehen in U-Bahn-Stationen oder auf öffentlichen Plätzen nach dem Rechten und haben dabei verstärkt ein Auge auf Leute wie Martin. «Das sind schließlich genauso Menschen wie wir, nur mit weniger Glück im Leben», sagt Sascha H.


    20.01.2008 SR

    Gruss
    Ghost


    Seiner eigenen Würde gibt Ausdruck, wer die Würde anderer Menschen respektiert.
    R.v.Weizsäcker

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