Diebstahl oder Unterschlagung oder etwas anderes?

  • Dummheit, weil ein klar denkender Mensch davon ausgeht, daß er das Geld evtl. zurückzahlen muß und deswegen vor dem Ausgeben einen Rechtsanwalt aufsucht und sich dort beraten läßt.

  • Rechtswidrigkeit der Bereicherungsabsicht bei „Fehlüberweisungen", Anforderungen der Annahme von Täuschung durch Unterlassen, Grundlagen und Umfang einer Aufklärungspflicht (hier: Girovertragsverhältnis) :?::?:

    Gruss
    Ghost


    Seiner eigenen Würde gibt Ausdruck, wer die Würde anderer Menschen respektiert.
    R.v.Weizsäcker

  • @ ngoma


    § 242 StGB Diebstahl und § 246 StGB Unterschlagung scheiden von vornerein aus, da das Tatobjekt, die „bewegliche Sache“, fehlt.


    In Frage kommt höchstens § 263 Betrug, der ist aber nach der geltenden Rechtsprechung auch nicht anwendbar, ich zitiere mal aus dem Tröndle/Fischer:


    Bei Verfügungen über ein Guthaben (durch Barabhebung oder Weiter-Überweisung), das dem eigenen Konto durch eine irrtümliche Fehlbuchung (innerhalb der Bank) zu Unrecht gutgeschrieben wurde hat die Rspr. früher eine Täuschung bejaht. Die Justiz verneint dagegen, wenn die unberechtigte Gutschrift auf einer Fehlüberweisung zwischen verschiedenen Banken beruhte (BGH 39, 397). Diese Unterscheidung hat BGH 46, 194 aufgegeben. Danach enthalten die Vorlage eines Überweisungsauftrages oder ein Auszahlungsverlangen i.d.R. schon keine (konkludente) Erklärung über die materielle Berechtigung oder die (materiell rechtmäßige) Deckung des Kontos (BGH 46, 194, 198 f.); eine Garantenstellung zur Offenbarung ergibt sich nicht schon aus der vertraglichen Beziehung. Damit trägt das Auszahlungsrisiko nach Fehlbuchungen regelmäßig die Bank.


    Das ist aber nur die strafrechtliche Seite, die privatrechtliche (Schadenersatz) dürfte ganz anders aussehen.

  • @ frank.holl


    Danke für die erschöpfende Auskunft.
    Erkläre mir bitte dann mal den Begriff der "Sache".
    Mit allgemeiner Phrasendrescherei ist nämlich keinem geholfen.
    Mein Dozent war der Meinung, dass es sich um Diebstahl handeln würde, dem konnte und wollte ich leider nicht zustimmen.

  • Ich will mal nett sein und den Begriff "Phrasendrescherei" nicht auf meinen Beitrag beziehen.


    Sachen sind definiert in:


    BGB § 90 Begriff der Sache
    Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.


    Im Strafrecht werden sie (erweitert) definiert als körperliche Gegenstände, einschließlich Tieren; unerheblich ist der Aggregatzustand (fest, flüssig oder gasförmig).


    Zahlen auf einem Kontoauszug sind keine Sachen i.S.d. Definition. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die "physikalische" Unmöglichkeit, elektrischen Strom zu "stehlen".


    Noch eins: Diebstahl scheidet schon aufgrund der Tatsache aus, dass keine "Wegnahme" i.S.d. § 242 StGB vorliegt. Bei einer "Weiter-Überweisung" sollte dies eigentlich auf der Hand liegen, bei einer "Barabhebung" händigt der Kassierer das Geld aus.


    Ich schlage vor, dass der Dozent sich noch mal mit der Materie beschäftigt.

  • Das ist auch meine Meinung, ich brauche aber bei einer konkreten sachlichen Frage keine Hinweise auf meine Dummheit und
    auf einen Rechtsanwalt. Demnächst bin ich Fachkraft für S +S, 45 Jahre alt und seit 12 Jahren im Gewerbe tätig.

  • Hallo,


    das ist alles nicht so ganz aktuell....:-)
    Seit dem 1.Januar 2008 haben wir SEPA........... 8)


    Wer sich einmal seine Kontoauszüge näher betrachtet,wird feststellen das dort eine
    internationale Kontonummer IBAN (ein 22-stelliger Code inklusive Landeskennung und Prüfziffer)
    sowie die BIC (die Ziffernfolge zur Identifizierung der Bank)

    aufgedruckt ist.......
    Diese IBAN soll "angeblich" den bargeldlosen Zahlungsverkehr schneller machen....(nach EU-Vorschrift innerhalb von drei Tagen in der EU bis 2011,ab dann innerhalb von einem Tag)......in Wahrheit wird das wohl zu erheblichen Gebührensteigerungen führen.... :evil:


    Weitere Auswirkung dieser SEPA ist aber,das es keine Fehlüberweisungen mehr geben darf......DENN die Kreditinstitute sind nun verpflichtet,den Überweisungsverkehr zu prüfen.....(auch hier wieder......*lächel*......)

    "Wo wir sind klappt nichts.........aber wir können nicht überall sein........"

  • Hinzu kommt...
    Wieso redet man eigentlich nur von der Bank?
    Eine Überweisung (ja selbst Fehlüberweisung) muß schließlich irgendwo her kommen. Die Quelle findet sich auf den Kontoauszug. Es steht schließlich nirgendwo : "Sie haben 300000€ überwiesen bekommen!" - ohne Angaben,von wem.
    Mit dieser "Quelle" sollte man wohl zuerst mal Rücksprache halten. ( Sofern man ein halbwegs ehrlicher Mensch ist)

    Leidenschaftlicher Skeptiker und alles-in-Frage-Steller


    Optimisten sind Träumer! Deshalb behalten die Pessimisten auch immer recht!

  • §812 BGB noch mal zur Lektüre vielleicht ??

    Sed quis custodiet ipsos custodes?


    "None of you understand. I'm not locked up in here with you. You're locked up in here with me."

  • -was mache ich???
    Erstmal freuen und träumen was mann damit alles machen könnte.
    Dann geht man mit gesenkten Haupt zur Bank und sagt das einen der neue Kontostand ja freut aber das du schweren Herzens zugeben muss da da was nicht passt.
    Da du leider weder geerbt noch im Lotto oder so gewonnen hast.

    Wer kämpft kann verlieren,wer nicht kämpft hat schon verloren.

  • ngoma:


    Wenn du seit 12 Jahren im Gewerbe bist solltest du ja eigentlich einen StGB-Kommentar haben, vorallem da du ja die
    Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit machst.
    Wenn du dir wirklich sicher sein willst, um welchen Tatbestand es sich handelt, bzw. welcher Tatbestand ausgeschlossen
    werden kann, wäre ein Blick in den Kommentar schon hilfreich.


    Und meiner Meinung nach war der Beitrag von Lehrer51 eindeutig und alles sagend.

  • Zitat von ngoma

    Mein Dozent war der Meinung, dass es sich um Diebstahl handeln würde, dem konnte und wollte ich leider nicht zustimmen.


    Wenn strafrechtlich irgendwas in Frage kommt, dann die Untreue (Treuebruchtatbestand).


    Du hast ein Treueverhältnis aus deinem Vertrag mit der Bank. Da du Kenntnis hast von dem fremden Geld auf deinem Konto, wärest du verpflichtet, dies der Bank mitzuteilen. Ein Tun kann auch durch Unterlassen erfolgen. Du unterlässt es, die Bank zu informieren, infolgedessen Treuebruch. Spätestens nachdem du das erste Geld ausgibst, hast du neuen Besitz gegründet. Du schädigst damit das fremde Vermögen.


    Wie die Gerichte hier entscheiden würden, hängt sicherlich von vielen Faktoren ab, aber die Untreue wäre der einzige in Frage kommende Strafrechtstatbestand. Zum Schadenersatz verpflichtet bist du bei einer Fehlüberweisung in jedem Fall.

  • Zitat von ngoma


    Mein Dozent war der Meinung, dass es sich um Diebstahl handeln würde, dem konnte und wollte ich leider nicht zustimmen.


    Dein Dozent hat hier definitiv einen Griff ins Klo gemacht, da explizit die Beweislast bei dem buchenden Kredit-Institut liegt.....rein nach dem StGb liegt hier definitiv keine Grundlage vor, diese sind sicherlich nach dem BGB zu beurteilen, wie bereits weiter oben erwähnt....
    desweiteren besteht -lt. Rechtsgrundlage- K E I N Bedarf an einer Anzeigepflicht seitens des Begünstigten...



    ...man sollte sich überlegen, welche "Dozenten" man sich an Bord holt... (nur mal ein Gedanke an die "Bildungs-Beauftragten" hier im Forum....)




    ....ansonsten sollte man die Leute weiterhin Chinchillas in Kirgistan züchten lassen.... :roll:

  • Lieber ngoma,


    sollte ich Dich beleidigt haben, entschuldige ich mich. Du hast ein Verhalten beschrieben und mit der Frage, was dies sei, zur Bewertung gestellt. Ich dachte, auch ein Verhalten bewertet zu haben. Von Deiner Dummheit habe ich nichts geschrieben. Aber wie gesagt, ich dachte. Ich halte weiterhin daran fest, daß das Abheben und Ausgeben von € 860.00,-, welche mir offensichtlich nicht gehören, eine suboptimale Verhaltensweise und nicht unbedingt die intelligenteste Entscheidung im Leben eines Mannes darstellt.
    Wie meine Vorredner schon festgestellt haben, ist das Verhalten strafrechtlich nicht relevant. Es liegt auch keine Untreue, §266, StGB vor. Eine eventuelle zivilrechtliche Vertragsverletzung gegenüber der Bank erfüllt den Untreuetatbestand, Gott sei dank, noch lange nicht. Es muß wesentlich mehr dazu kommen. Dies zu erläutern würde den Rahmen sprengen.
    Landgraf hat richtig erkannt, daß die Lösung im BGB in §§812ff liegt. Ungerechtfertigte Bereicherung muß ich zurückgeben, es sei denn, ich kann mich auf Entreicherung berufen, §818 Abs. 3 BGB. Das kann ich aber nicht, da man in dem geschilderten Fall als bösgläubig einzustufen ist, §819 Abs. 1 BGB. Was ich mit allgemeinverständlicher Dummheit bezeichnet habe, formuliert der BGH etwas höflicher: Kenntnis ( und damit Bösgläubigkeit ) hat auch, wer sich rechtsblind der Einsicht in die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, gemessen an den normativen Maßstäben redlich Denkender, bewußt verschließt (BGHZ 133, 246).

  • @ subway07


    Völlig richtig, die Untreue gem. § 266 ist absolut unzutreffend, da es an einem Rechtsverhältnis im Sinne von § 266 StGB fehlt (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1975, 22).


    Übrigens nachzulesen in BGHSt 46, 196 - Abhebung fehlgebuchter Gutschriften, z.B. unter folgendem Link:


    http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs046196.html


    @ alle


    Können wir vielleicht im StGB bleiben? Die BGB-Problematik (§§ 812, 823) sollte unstrittig sein, ebenso die moralische Seite.

  • Wie bereits angeführt: Es kommt nur ein Vermögensdelikt in Frage. Die Naheliegendsten sind Betrug und Untreue. Betrug scheidet mangels Täuschungshandlung aus. Also bleibt nur Untreue.
    Nach BGH-Rechtssprechung entsteht zwar keine grundsätzliche Garantenpflicht aus dem Vertragsverhältnis Bank-Kunde, jedoch kann dieses im Vertrag verankert und vereinbart sein. Der Kunde/Begünstigte wäre dann der Aufklärungspflicht nicht nachgekommen, hätte damit den Treuebruch begangen. In dem von Lehrer51 zitierten Urteil heisst es dazu:


    Zitat

    Da der Senat im vorliegenden Fall nicht mit letzter Sicherheit ausschließen kann, daß im Verhältnis kontoführender Bank zur F. GmbH eine entsprechende konkrete Vereinbarung bestand, aufgrund derer der Angeklagte zu einer Aufklärung über die Fehlbuchung verpflichtet war, verweist er die Sache an das Landgericht zurück. Der neue Tatrichter wird dieses Verhältnis anhand der Vertragsgrundlagen des Giroverhältnisses zu klären haben.


    Ein weiteres Problem sehe ich noch in der Schädigung des fremden Vermögens. Der Begünstigte ist ja grundsätzlich anhand des Vertragsverhältnisses verfügungsberechtigt. Auch hier könnte die o. g. Vereinbarung der Schlüssel sein.


    Ich wiederhole mich: Wie die Gerichte letztendlich entscheiden werden, hängt von vielen - hier unbekannten - Faktoren ab. Aber wenn ein Straftatbestand in Frage kommt, dann die Untreue.

  • Wenn ich das Geld auf meinem Konto finden würde, würde ich die Füße still halten und mich über die Guthabenzinsen freuen. Die Bank wird es früh genug merken, das die einen Fehler gemacht hat. Oder anders formuliert, solche Beträge bei Privatpersonen müssen die Bankleute an den Fiskus Melden. Ich glaube, die Grenze liegt bei 20,000. Aber beim letzteren bin ich mir nicht so sicher.

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