Mit einem Fuß im Kittchen

  • Quelle: http://www.bdws.de/cms/index.p…ask=view&id=395&Itemid=50


    Mit einem Fuß im Kittchen?



    Private Sicherheitsdienste übernehmen immer mehr Aufgaben zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit. Privatunternehmen und vor allem Behörden tragen die Verantwortung für den Kontakt und die Auswahl von Bewachungs- und Sicherheitsdiensten. Sind sie dafür gerüstet?
    Der Preiskampf in der Branche ist mörderisch, wer im Kampf um Aufträge im Sicherheitsgewerbe bestehen will, muss tricksen, dehnen und kneten, die Vorschriften, die Gesetze und die Mitarbeiter, wo bleibt der Auftraggeber? Der muss nämlich sehr genau kontrollieren, ob beim Sicherheitsdienstleister (SDL) alles mit rechten Dingen zugeht. Tut er das nicht, hat er gute Chancen , mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.


    Tarife
    In so gut wie jeder Ausschreibung steht heute, dass die Mitarbeiter der Dienstleister nach Tarif zu bezahlen sind und zwar nach dem Tarif, wo die Angestellten der Firma arbeiten, nicht, wo sie angestellt sind.
    Tarifabschlüsse für Dienstleister sind länderspezifisch. Das bedeutet, dass beispielsweise ein sächsisches Unternehmen, das seine Mitarbeiter in Bayern arbeiten lässt, bayrischen Tarif bezahlen und die Sozialabgaben nach Bayern abführen muss. Der im Gewerbe tobende Preiskampf verführt einzelne Firmen, diese Vorgabe so zu umgehen, dass sie Mitarbeiter in einem „Billigland“ Ostdeutschlands rekrutieren und einstellen, sie aber in einem „Hochpreisland“ Westdeutschlands einsetzen. Das ist nicht nur einfacher zu kalkulieren, sondern auch noch lukrativ. Doch wie so oft sind sinistere Geschäftelchen nicht rechtens, dies hier ist schlicht Sozialbetrug und Betrug ist ein Offizialdelikt, d.h. die Staatsanwaltschaft muss beim Verdacht einer Straftat auch ohne Vorliegen einer Anzeige oder eines Strafantrags von Amts wegen ermittelnd tätig werden.


    Unwissende Auftraggeber
    Es macht sich jedoch nicht nur der Dienstleister strafbar, auch der Auftraggeber steht mit einem Fuß im Kittchen. Er muss nach KonTraG und Basel II sehr genau wissen, was in seinem Unternehmen passiert bzw. nicht passiert, die Organisationshaftung lässt nicht mehr allzu viel Spielraum: Weiß der Auftraggeber nicht, ob die in der Kalkulation angegebenen Tariflöhne eingehalten, die Sozialabgaben an den richtigen Stellen entrichtet sind, haftet er. Das bedeutet, dass insbesondere Unternehmen, die einen Sicherheitsdienstleister in verschiedenen Ländern beschäftigen, sich sehr genau über die unterschiedlichen Kalkulationen informieren müssen, denn sie machen sich des Sozialbetrugs schuldig, wenn sie nicht genauestens über die in jedem Land unterschiedlichen Sozialabgaben informiert sind.


    Zu einer korrekten Kalkulation gehört auch, dass länderspezifische Feiertage eingerechnet werden müssen, so ist beispielsweise „Allerheiligen“ in Norddeutschland kein mit 100 Prozent beaufschlagter Tag wie im Süden.
    Es sind ja beileibe nicht nur die kleinen dem BDWS fernen Krauter, die sich und ihre Auftraggeber durch kreative Rechenkunststückchen in unsichere Gefilde bringen, auch die Großen der Branche kalkulieren hasardös auf Kante und wenn’s unbedingt einen Schnaps weniger sein soll, dann wird das in der Regel auch geschafft. Zugeben wird das allerdings keiner, alle wähnen sich unter den weißen Schafen und sind doch schwarze allemal.


    Fachleute schätzen, dass nur etwa ein Drittel bis die Hälfte der angebotenen Sicherheitsdienstleistungen solide kalkuliert sind. Das schafft ein Heer von „Kriminellen“. Insbesondere die öffentliche Hand setzt sich häufig über Qualitätskriterien hinweg und beauftragt, den Rechnungshof im Nacken, gnadenlos nach niedrigstem Preis (90 Prozent). Dass sich die Verantwortlichen damit in eine extrem gefährdete Position begeben, ist ihnen wahrscheinlich noch gar nicht einmal bewusst oder sie agieren nach dem rheinischen Prinzip „Et hätt schon immer jut jejange“, ob es weiterhin alles immer gut gehen wird, steht erst einmal dahin, wenn Sozialbetrug mehr in den Fokus der Justizbehörden rückt.


    Am Stundenpreis erkennbar
    In einer seriösen Preiskalkulation müssen nicht nur die Lohn- und Lohnzusatzkosten berücksichtigt werden, sondern z.B. auch Ausbildungskosten, Berufsgenossenschaft, Urlaub, Verwaltungskosten oder Materialkosten für Kleidung und Ausrüstung. Nach Berechnung des Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) muss davon ausgegangen werden, dass eine Beaufschlagung des Bruttostundenlohnes um mindestens 85 bis 104 Prozent erforderlich ist, um alle notwendigen Kosten zu decken und einen geringen Gewinn für das Unternehmen abzuwerfen.
    Um die Problematik wissend, hat der Verband ein Infopaket für Auftraggeber zusammengestellt, das alles enthält, was bei der Vergabe von Aufträgen an SDL zu wissen notwendig ist. Doch wird dieses für 40,- € teure Paket nur selten abgerufen, wie Martin Hildebrand vom BDWS bedauernd konstatiert. „Das liegt daran, dass sich nicht wirklich jemand für das Thema interessiert“ und nicht die Sicherheitsleute sondern die Haushälter die Abwicklung übernähmen. Warum allerdings die SDL nicht gerade verschwenderisch mit dem Paket umgehen und ihre potenziellen Auftraggeber vorab über die Rechte und Pflichten informieren, ist offenkundig: Mit den darin enthaltenen Informationen wird das Leben der SDL erheblich unbequemer.


    Die Arbeitsgemeinschaft Sicherheit in der Wirtschaft (ASW) in Berlin, die zumindest die Auftraggeber in den Unternehmen informieren bzw. sogar warnen müsste, „hat sich mit dem Problem noch nicht befasst“ und schiebt das Ganze lieber in die regionalen Untergliederungen ab. Man hat „momentan andere Themen im Fokus“, so Geschäftsführer Dr. Bertold Stoppelkamp in Berlin.


    In der Tat scheint wenigstens eine der Untergruppierungen das Problem auf der Agenda zu haben. Der Verband für Sicherheit in der Wirtschaft Baden Württemberg (ASW-BW) beispielsweise veranstaltet nicht nur Seminare für Sicherheitsführungskräfte, in denen das Thema weit vorne steht. Der Verband unter seinem Geschäftsführer Karl Stefan Schotzko scheint auch sonst sehr rührig, wie sonst ist die hohe Mitgliederzahl aus dem gesamten Bundesgebiet zu erklären.
    In den Tagungsunterlagen befindet sich ein „Handbuch zur Vergabe von Aufträgen an Wach- und Sicherheitsdienste“, in dem insbesondere öffentliche Auftraggeber darüber informiert werden, wie sie sicherstellen können, dass die erwartete Qualität auch tatsächlich „geliefert“ wird. Das bedeutet den Abschluss sorgfältiger Verträge mit exakten Festlegungen von Pflichten und im Nichterfüllungsfalle genaue Vereinbarung von Sanktionen. Auch de Qualität des Personals muss vorher sehr genau festgelegt und vor allem aber auch überprüft und im Nichterfüllungsfalle mit präzisen Vertragsstrafen versehen werden.


    Informationsassymetrie
    Die Gründe für immer weiter absinkende Qualität in der Branche liegen auf der Hand: Weil Anbieter und Auftraggeber nicht über identische Informationen verfügen (Informationsassymetrie), kommt es schlussendlich zur adversen Selektion: In einem Markt, in dem sowohl gute als auch schlechte Sicherheitsdienstleister agieren, müssen die Auftraggeber sich darüber im Klaren sein, welche Qualität sie von ihrem Auftragnehmer erwarten. Dieser Wert liegt zwischen dem Wert eines guten und dem eines schlechten Anbieters. Da sie nun nicht über klare Informationen verfügen und nur den Preis als einzigen Anhaltspunkt haben, sind sie folglich nur bereit, den niedrigeren Preis zu zahlen, anstatt den, den sie für gute Qualität zahlen würden. Damit werden systematisch die Anbieter hoher Qualität aus dem Markt gedrängt, so dass am Ende nur noch schlechte Dienstleister im Markt sind.


    Standards erarbeiten
    Eine Lösung des Problems könnte die Festlegung von Standards sein, wie sie ansatzweise bereits vorliegen (BDSW, VSW-BW). Diese Standards müssten von allen Beteiligten anerkannt werden. Das freilich würde bedeuten, dass unseriöse Kleinunternehmer, die in diesem Gewerbe einen hohen Prozentsatz stellen, vom Markt verschwänden. Die öffentliche Hand müsste nicht nur langsam begreifen, dass Sicherheit Geld kostet und richtige Sicherheit auch richtig teuer sein kann, sondern sich auch verklaren, dass geringe Kontrolle der beauftragten Unternehmen strafbar sein kann. Doch solange Zahlenakrobaten des Rechnungshofs fern der Praxis und inkompetente Kämmerer, die den Tellerrand als unüberwindliches Hindernis sehen, eine unselige Allianz bilden, wird es schwer sein, vernünftige Sicherheitsdienstleistungen zu leistungsgerechten Preisen zu verkaufen.


    Bislang scheinen sich die Staatsanwaltschaften nicht sonderlich für den Bereich zu interessieren und werden nicht von sich aus tätig. Bleibt abzuwarten, wie sich die Lage ändert, wenn der erste abgeblitzte Auftragnehmer dem siegreichen Konkurrenten einen einschenken will und damit letztendlich die öffentliche Hand brachial zwingt, auf Qualität zu achten.


    Von Hr. Michael Hassenkamp; I.G.T. mbH PROTECTOR

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • @


    Hatte diesen Artikel über den BDWS schon vorliegen. Trifft voll in's Schwarze!
    Mich wundert's dass sich hier noch keiner der "Chefs" geäussert hat,.... eigentlich nicht...
    Kenne X Fälle, wo Termin zur Unterzeichnung vom Vertrag da war, Verantwortlicher vor Ort.. und.. ach nöö wir haben uns doch für XY entschieden! :evil:
    Es war nicht der "Riecher", sondern die "Nase"...
    Wir gehören zu den "teueren"..., kenne aber auch keine Fall, wo im Nachhinein bei den für die Auftragsvergabe zuständigen sorry -> "Banausen" nachgehakt wurde..
    Text wohl ansonsten zu lang für Allgemeinheit
    PS.: Hoffe der Dominoeffekt aus GuW geht weiter!

  • Der BDWS kassiert doch genau von vielen dieser "Unternehmer" genug an Mitgliedsbeiträgen..


    Die geben sich gerne eine Art von "seriösem Touch" dadurch, dass sie auf ihren Prospektchen, Websites, whatever, den BDWS Stempel haben, am besten noch ne Zertifizierung dazu, das kann ja nur supi sein...


    Ich kann diese Organisation nicht ernst nehmen...

  • @
    Ist richtig, "km", einnemal Vereinigung zur Selbstdarstellung, aber,.... ebend von etablierten Firmen
    und wenn ich dieser Vereinigung keinen Glauben mehr schenken kann..wem dann???
    Schwarze Schafe, vor allem ganz oben, sind doch bekannt!

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