Produktion von „Sicherheit“? Arbeit im Bewachungsgewerbe

  • ... sicherlich sehr interessant und lesenswert :top: .


    Meistens sind mir solche Ausführungen jedoch zu umfangreich und zu wissenschaftlich. Nach den ersten 10 Seiten schwindet mir oft die Lust weiterzulesen.


    Ich fauler Sack ich ... :eek: ...

  • Seite 44ff und auch davor ist mit am interessantesten.


    Zitat

    [...] Aus den Interviews können erste Schlüsse darauf gezogen werden, wie die Beschäftigten mit den ambivalenten Arbeitsanforderungen, dem Hin und Her zwischen Service und Sicherheit, umgehen. Eine wichtige Rolle spielt das situative Handeln, das auf einem spezifischen, ortsgebundenen Erfahrungswissen basiert und heterogene mikropolitische Aushandlungsprozesse beinhaltet (Briken 2010). Weder werden alle vermeintlichen ›Ordnungsstörer‹ zu jeder Zeit des Platzes verwiesen, noch haben alle zu jeder Zeit das Recht zu bleiben; vielmehr wird ›Sicherheit‹ im konkreten Arbeitshandeln ein relationales Produkt, das sich aus den Vorschriften des Arbeitgebers und den subjektiven Erfahrungen des Beschäftigten zusammensetzt. Dieses Erfahrungswissen bildet den Handlungskorridor, innerhalb dessen die Wachleute entscheiden, wie sie ihre (wenigen) Befugnisse ausüben.


    Rekonstruieren lassen sich dabei unterschiedliche Konstellationen. In einem Fall umgehen Sicherheitsleute die Vorgaben ihrer Auftraggeber zumindest teilweise, wenn es durch die prekäre Lebenssituation anderer zu legitimieren ist. Ihre ›Pappenheimer‹ kennen die Interviewten, und situativ wird ›schon mal ein Auge zugedrückt‹. So berichtet ein Befragter von seinem Einsatz auf einem Weihnachtsmarkt, auf dem laut Dienstanweisung ›Hausierer‹ des Platzes verwiesen werden sollten: »Der weiß schon, eine halbe Stunde darf er da mal mit seinem Bauchladen stehen, aber dann muss er auch wieder verschwinden.« (Sec1) Begründet wird diese Ausnahme im Interview damit, dass der Verkäufer in dieser halben Stunde sehr viel verkaufe, mehr jedenfalls, als wenn es sich nicht auf dem ihm verbotenen Terrain aufhalten würde. Der Wachmann hatte dies beobachtet, und die prekäre ökonomische Lage des Händlers rechtfertigt in seinen Augen das zeitweise Ignorieren der Dienstanweisung und dient ihm als legitime Grundlage für eine Ausnahmeregelung. [...]


    Sind wir doch alle mal ehrlich, wer hat nicht schon das ein oder andere mal weggesehen, wenn man das was man tun soll selber nicht für richtig hält.


    Wir hatten im Revierdienst eine zeitlang den Auftrag, Kinder von einem Spielplatz zu verscheuchen. Hintergrund war, dass die [deutsche Rentner-mit-zu-viel-Zeit]-Nachbarn ein Problem damit hatten, dass die [Ausländer]kinder dort Ball gespielt haben und etwas rumgelärmt haben. Also soll der Sicherheitsdienst das richten und die vertreiben.


    Vertrieb war so gewissenlos das ganze auch noch als Auftrag anzunehmen.


    Je nachdem wer in der NSL saß wurde der Anruf zwar angenommen, aber der Auftrag an die Revierfahrer nicht weitergegeben (weil ein wichtigerer Alarm dazwischenkam) oder wir als Revierfahrer sind zwar hingefahren, haben aber nichts gemacht außer zu schauen und wieder zu fahren.


    Dafür gab' es dann zwar einen kollektiven Anschiß, aber wenn juckt das? Für die paar Kröten die Stunde vertreibe ich nicht im Auftrag von irgendwelchen spießigen, bornierten alten Säcken Kinder von einem Spielplatz.