Branche angeprangert

  • Bonjour,


    mit grossem Interesse habe ich die Postings unter dieser Rubrik verfolgt, weswegen ich mich jetzt auch dazu äussere.


    Mit Sicherheit ist es gut wenn der arbeitsuchende Kollege erfährt, daß ein oder mehrere andere Kollegen mit einem Unternehmen als Arbeitnehmer oder Auftraggeber schlechte Erfahrungen gemacht haben. Die Frage ist aber ob dies dann ein Einzelfall, d.h. einzener dunkler Fleck auf der sonst (recht) reinen Weste des betreffenden Unternehmens war oder ob die angeprangerte Verhaltensweise quasi in deren Anweisungen für Führungskräfte vorgeschrieben wurde.


    Da ich nicht davon ausgehe daß die Admins dieses Forum hier zu Zwecken der Gewinn-Erwirtschaftung betreiben, kann ich es verstehen, dass Sie kein grosses Interesse daran haben die Zielscheibe von den Rechtsbeiständen der gescholtenen Unternehmen sowie deren Regressforderungen wegen Rufschädigung und ähnlichem zu sein.


    Das bedeutet aber nicht daß ich die von den namentlich erwähnten Unternehmen an den Tag gelegten Verhaltensweisen gut finde oder denen Absolution erteilen möchte.


    Schlecht, d.h. im Sinne von verwerflich, handeln kann kein Unternehmen, das können nur die Personen welche dort beschäftigt sind.


    - Wer: Vom Operativen Mitarbeiter bis zur Führungskraft!
    - Warum: Aus Inkompetenz, Verzweiflung oder wirklichem Vorsatz (Grauzone oder Kriminell)!


    Das bringt mich auch zu dem eigentlichen Thema meines Posting.


    Ich habe hier nichts gelesen was ich nicht in der einen oder anderen Form schon selbst einmal miterlebt hätte, entweder persönlich oder bei Anderen.


    Egal ob es sich dabei um mittelständische Unternehmen in den Ballungszentren Rheinland, Rhein-Main, München oder um multinationale zusammenfusionierte Konzerne handelt.


    Das Ziel ist den Gewinn zu maximieren und dies geht meist nur noch über das Personal, genauer über die direkten oder indirekten Personalkosten. Das wird erreicht über die folgenden Maßnahmen:


    Der Kunde (Einkauf und Fachlich zuständiger Ansprechpartner) entscheidet meist über den Preis ("Geiz ist Geil") und die bei der Roadshow mit Powerpoint an die Wand "gebeamerte" Präsentation.


    Wenn aufgrund von sportlicher (Synonym für "abenteuerlich") Kalkulation (Wurde wirklich kalkuliert oder gewürfelt?) der Auftrag gewonnen ist, folgt nach kurzer Zeit (Der anfänglichen Phase der Euphorie) die erste wirkliche halbwegs kaufmännische Bewertung der Realität und der Fakten. Nachdem sich die Sprachlosigkeit über das schlechte Ergebnis gelegt hat tun sich dann die Fragen auf:


    - Wie verdienen wir trotzdem noch Geld?
    - Wie setzen wir die beim Kunden gehaltene Präsentation in die Praxis um? -> Dummerweise besteht der Kunde erntshaft darauf exakt das zu bekommen was Er beauftragt hat und wofür Er bezahlt und was Er in der Präsentation gesehen hat. Manche denken sogar an die operativen Mitarbeiter und fühlen sich für diese verantwortlich!


    Da kommen dann als Anwort folgende Maßnahmen:


    - Verstärkter Einsatz von Azubis, Einsatz fester MA auf das tarifvertragliche Minimum zurückfahren, Azubi>240h, Mitarbeiter max. 160h
    - Deklarierung der Einweisung als Praktikum -> finanziert die Arbeitsagentur,
    - Pauschalierung der Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall, 8h und das nur von Mo-Fr -> "Wenn Sie damit nicht einverstanden sind zwingen wir Sie nicht bei uns zu arbeiten".
    - Abzug von Kaution für Dienstkleidung -> aber der Mitarbeiter bekommt nichts oder nur wenig an Kleidung, nach seinem Ausscheiden auch nur wenig oder gar keine Kaution zurücknicht wieder zurück.
    - Der Mitarbeiter wird in einer Niederlassung in den neuen Bundesländern eingestellt, und in den alten Bundesländern
    eingesetzt -> und bekommt trotz definitivem West-Sitz (und Personaleinsatz) des Unternehmens nur Ost-Lohn. Funktioniert aber auch nicht mehr so richtig.


    Und die sind in der Regel nicht immer leicht umzusetzen. Sicherlich bedient sich da mancher in seiner Verzweiflung an Techniken und Methoden welche eher Scientologen nachgesagt werden (oder von denen abgeschaut), oder welche man sonst nur in schlechten Filmen findet ("...,selbstverständlich habe ich dies niemals geagt" -> aber als E-Mail versendet!). Oder bei Dilbert & Co., dort aber als Satire worüber man gerne lacht.


    Der Mitarbeiter an der Basis spielt nicht mit? Dann bekommt er halt nur die kurzen Tagschichten und keine Zuschläge mehr. Oder er wird auf ein anderes Objekt strafversetzt (Was sagt wohl der Kunde wenn er wüsste daß eine Versetzung auf sein "Premium"-Objekt als Strafe anzusehen ist?).


    Die Folgen sind unzufriedene unmotivierte Mitarbeiter beim Kunden und infolgedessen unzufriedene Kunden. Der Einsatzleiter der alles wieder richten soll kommt mit der Arbeit nicht mehr hinterher und die Qualität sinkt. Und der Kunde will irgendwann keine Krisensitzungen mit bunten Powerpoint-Präsentionen als Lösungsvorschlag sondern reelle Lösungen mit ehrlichen Terminvorschlägen.


    Richtig problematisch wird es in dem Moment der Einsatzleiter, Betriebsleiter oder höheres dann zu dem Schluss kommt daß Er das ganze nicht mehr mitmacht ,weil Er es moralisch nicht mehr verantworten kann, und kündigt. Mancher Vorgesetzte fällt dann aus allen Wolken.


    Daraus resultieren nicht nur direkt monetäre Folgen (Beschaffung von Ersatzpersonal sowie dessen Einarbeitung) sondern auch solche die sich nicht nicht direkt monetär bewerten lassen (Abfluss von Know-How: Wissen über den Kunden, Methodenkompetenz und Kontakte) welche die Qualität der Dienstleistung weiter verschlechtern und die Abwärtsspirale in Bewegung halten und ultimativ durch den Wegfall von Umsatz schmerzlich monetär wirksam werden.


    Die im Branchenpranger kolportierten Geschehnisse sind in meinen Augen keine Einzelfälle, eher mehr oder weniger branchenüblich. Trotzdem gibt es nicht nur schwarze Schafe. Ebenso wie nicht jeder Gebrauchtwagenhändler vom Hinterhof seinen Lebensunterhalt damit verdient Tachos zu frisieren. Und einige der schlechten Unternehmen werden sich selbst aus dem Markt entfernen. Einfach weil sie aufgrund von Mundpropaganda keine Mitarbeiter mehr bekommen. Dazu braucht man sich nur die Stellenangebote unter Arbeitsagentur.de anzusehen. Anhand der Veröffentlichungsintervalle kann man sich die Fluktuationsraten der einzelnen Unternehmen ausrechnen. Vor allem wenn einige Ihren Bedarf dann über Personalvermittler stillen wollen. Meines Erachtens wid dieser Bereinigungsprozess auch trifft viele der wie Pilze aus dem Boden geschossenen Arbeitsvermittler, die "IHK-ausgebildete-§34a-Fachkräfte", "nur mit Vermittlungsgutschein" vermitteln wollen treffen.


    Was die Veröffentlichungen betrifft: Mit Sicherheit liest auch der eine oder andere Ansprechpartner beim Kunden, Entscheider beim potentiellen Kunden oder gar der eigene Chef in diesem Forum mit und kann sich manchmal anhand der Inhalte der Beiträge die Karten legen wer gepostet hat. Dennoch finde ich daß ein wenig (oder viel) Transparenz noch nie geschadet hat, sofern es sich um pikante Tatsachen handelt.


    Was die Tatsachen betrifft: Eine Tatsache ist wenn jemand pro Jahr 2 neue Autos fährt. Nicht bewiesen ist daß dieser Jemand diese 2 Autos seinen Mitarbeitern vom Munde abgespart hat. Es gibt auch in dieser Branche Leute denen das erste Auto gestohlen wird und die Versicherung dann das neue bezahlt. Oder es wurde bei einem Unfall zerstört. Aufgrund ihrer Erlebnisse/Erfahrungen wählen Sie dann aber ein anderes Modell. Oder er als zweites Standbein ein Unternehmen in der Automobilbranche. Betrachten Sie dies bitte als Hypothetische Beispiele die eventuell auch der Realität entsprechen können.


    Aus den anfangs erwähnten Gründen habe ich keine Namen genannt (und werde ich keine Namen nennen). Der eine oder andere wird sich oder andere wiedererkennen. Ich wollte auch keinen weiteren Feuilleton-Beitrag zum "Verfall der Werte" schreiben (Denn dann wüde ich bei der "FAZ" oder der "Welt" arbeiten), sondern nur zum Nachdenken anregen. Jeder sollte darüber nachdenken was man persönlich mitmacht und was nicht. Man sollte seine Mitmenschen ordentlich und fair behandeln. Nur so kann man ordentliche wirtschaftliche Ergebnisse erreichen die auch moralischen Ansprüchen standhalten.


    Dieser Beitrag stellt explizit die persönliche Einstellung des Unterzeichners dar, beruht aber auf dessen Erlebnissen und Lebenserfahrung.



    A bientot,


    Jules



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    "Es ist schwer, ein Volk zu regieren,
    das 246 Sorten Käse hat..."
    Charles de Gaulle


    frz. Staatspräsident
    1890 - 1970

  • Salut Nichtwissen,


    merci beaucoup für die Bewertung. Aber wie es der Titel meiner Antwort schon sagt läuft diese Entwicklung schon. Zum einen über die (Ex-)Kunden, zum anderen über Organisationen wie IHK etc.


    Und nicht zuletzt gibt es auch im BDWS noch einige Leute welche den Mund aufmachen und die Messlatte in Sachen Qualität versuchen höher zu hängen. Sicher ist auch nicht alles gut was die tun.


    Aber so mancher von denen weiss wirklich wovon er redet und hat Gehör bei den betreffenden Stellen (Und das ist auch guit so!). Auch wenn er von manchen der grossen aus dem Konzernumfeld belächelt wird weil er als bekennender Öko für sich selbst die Protokolle von Kyoto umgesetzt hat.


    Und was die Arbeitsvermittler betrifft ist den Arbeitsagenturen auch schon aufgegangen daß es da eine gewisse Goldgräberstimmung gibt. So in dem Sinne: Immer die selben Vermittler und selben Unternehmen. Natürlich nicht überall.


    A bientot,


    Jules

    "Es ist schwer, ein Volk zu regieren,
    das 246 Sorten Käse hat..."
    Charles de Gaulle


    frz. Staatspräsident
    1890 - 1970

  • Moin,
    guter Beitrag, jedoch (um ein aber zu vermeiden) sehe ich selbst noch keine grundlegende Marktbereinigung im Anmarsch. Eher scheint es mir persönlich als ob gerade die zweite Welle der Personalkostensenkung vorbereitet wird, nämlich mit der Durchsetzung der Diensleistungsfreiheit im europäischen Raum. Da werden IMHO noch einige Firmen den Versuch starten, das Lohnniveau von 5 Teuro die Stunde auf die Hälfte zu drücken und busweise Mitarbeiter (aber nicht Mitverdiener) aus den neuen EU-Mitgliedsländern hierherzukarren, um sie voll zu verrechnen.
    Im Moment spaltet sich der Markt IMHO eher in Bereiche auf, in denen der Kunde entweder sagt "Ich werde von der Versicherung gezwungen, einen Sicherheitsdienstleister anzuheuern, also will ich den absolut billigsten, der mir ein halbwegs glaubhaft seriöses Angebot macht.", was wohl einen recht grossen Teil des Marktes betreffen dürfte und dann gibt es IMO noch ein deutlich kleineres Marktsegment, in dem es um den Schutz von Leben und Werten geht, das weniger von einer Versicherung, als vielmehr vom tatsächlichen Schutzbedürfnis der Kunden ausgehend Sicherheitsdienstleister beschäftigt. Hier sind noch höhere Preise durchzusetzen, auch wenn niedrige Kosten dem jeweiligen Kunden durchaus gefallen würden. Es scheint mir so, als ob mittlerweile einige Kunden aus dem erstgenannten Bereich in den zweiten wechseln, weil sie genügend schlechte Erfahrungen gemacht haben, aber ob das schon en grosser Trend ist, wage ich zu bezweifeln. Und bei den Securitunten ( soll heissen, den allseits bekannten, grösseren Firmen, die man so kennt) ist von Marktbereinigung und Umdenken in Richtung "fairer Mitarbeiterbehandlung" IMHO wenig zu merken, es scheint dort eher die Frage zu lauten "wie verhindere ich, dass bei der nächsten HEROS-mässigen Katastrophe unser Bereich mitbetroffen wird?".
    Aber ein gesteigertes Bewusstsein von "durchschnittlichen" Kunden, für eine faire Leistung einen fairen Preis zu zahlen, kann ich eigtl. im Bereich des üblichen Objektschutzes, des Revier- und Streifendienstes noch nicht erkennen. Allerdings hab ich damit auch nicht sehr viel zu tun.
    Sagt mir ruhig, wenn ich mich irre. :)


    Gruß
    BigBlock

    Hüte Dich vor dem Zorn eines sanftmütigen Mannes.



  • Deinen Hinweis auf die Leute im BDWS läuft meiner Ansicht ins Leere. Ich sehe den BDWS eher als eine Altherrenriege, die darauf bedacht ist, ihre angestammten Pfründe zu sichern. Es ist doch gerade auch der selbsternannte Marktführer, der weniger durch Qualität, sondern durch Sprücheklopfer in schwarzen Anzügen versucht, sich Aufträge mit Dumpingpreisen zu ergattern. Und wenn dann noch der Deutschlandgeschäftsführer im Vorstand des BDWS sitzt, wird der BDWS zum stumpfen Schwert. ... eine Krähe hackt....

  • @ jules:


    Hallo,
    erstmal besten Dank für den, - meiner Meinung nach, qualifizierten Beitrag deinerseits. Mich würde Deine Meinung zum Thema "Fachkraft Schutz und Sicherheit" interessieren. Wird die beabsichtigte Qualitätssteigerung langfristig eintreffen (diese war ja Hauptgrund der Einführung dieser Berufsausbildung)? Wie wird sich Deiner Meinung nach die Nachfrage des Kunden nach solchen Fachkräften entwickeln?


    Gruß...

  • Ich denke nicht, das es eine Zukunft hat.
    Warum?


    - 3,00 Euro mehr wie die Fachkraft für die gleiche Arbeit, aber viel grösseres Wissen
    - Welcher Kunde zahlt das, wenn er für Brutto ca 5,50 weniger das gleiche bekommt?
    - ca 1.00- 2,00 Euro mehr wie der Schichtführende Meister eines Tores etc, für ein geringeres Wissen
    - Azubis sind Super. Kosten nicht viel und müssen das gleiche Schaffen
    - Ausbilden für die Arbeitslosigkeit
    - Extreme Flukutation in der Ausbildung
    - Akzeptanzprobleme, da diese Leute halt logischerweise sehr jung sind



    Ich denke, das die neue Ausbildung, die die Werkschutzfachkraft ersetzen soll, eine Zukunft haben wird, aber nicht der Ausbildungsberuf!

  • Warum?


    - Nun man hört sehr unterschiedliche Meinungen zu diesem Ausbildungsberuf (seitens der Azubis, sowie auch seitens der GF & Firmen).


    Ich muß ehrlicherweise zugeben das ich eine der ausgebildeten Fachkräfte bin. Bin aber, - jetzt im Nachhinein, gleicher Meinung wie Du.
    Ich meine, ich hatte Glück. Habe nach der Ausbildung in meinem Lehrkundenobjekt eine Position als OL angeboten bekommen mit einem
    Verantwortungsbereich für 16 MA. Wurde bei meiner Entscheidung durch meine Firma gestützt und bekam vollen Rückenhalt, zudem der
    vergangene OL auf eigenen Wunsch hin die Firma verlassen hat (karieremäßig verbessert). Nun, ich habe dann zugesagt und kann
    mich seitdem nicht beklagen. Ich verdiene gutes Geld, habe einen guten, kompetenten & MA-nahen Kunden an meiner Seite und bekomme
    nach wie vor die Unterstützung meiner Firma.


    Da ich nun, - offentsichtlich, wirklich nur die guten Puzzleteile erwischt habe, kann ich mir also nicht wirklich ein Bild über die Gesamtsituation
    machen. Interessiere mich demnach für die Erfahrungen & "Prognosen" der erfahreneren Kollegen im Bereich der priv. Sicherheitsdienstleistung.


    Gruß,
    secu-fss.

  • Zitat

    Ich sehe den BDWS eher als eine Altherrenriege, die darauf bedacht ist, ihre angestammten Pfründe zu sichern.


    So könnte man es auch nennen. Wie auch immer, es beschreibt exakt die Aufgaben des BDWS: "Um diesen Zweck zu erreichen, ist es Aufgabe des Bundesverbandes die Interessen seiner Mitglieder gegenüber allen staatlichen Institutionen, Dienststellen, Behörden und den Einrichtungen der Wirtschaft zu vertreten"


    Zitat

    Wie wird sich Deiner Meinung nach die Nachfrage des Kunden nach solchen Fachkräften entwickeln?


    Das Thema haben wir schon -zig mal durch. Es gibt zwei grundlegende Merinungen.


    Die Erste vertritt die Richtung, dass die FSS am Bedarf vorbei ist, nie bezahlt werden wird und überflüssig wie ein Kropf ist. M. E. sind die Vertreter dieser Richtung ledig besorgt, dass sie sich künftig nicht mehr auf ihre Erfahrung (was auch immer das bedeutet) berufen können.


    Die zweite Sicht sieht alle Qualifikationen als Abgrenzungsmerkmal im Wettbewerb zu einem (besser bezahlten) Arbeitsplatz. Insofern ist der Werdegang von secu-fss nicht Ausnahme sondern exemplarisch. Oder anders: Selbst bei McDoof wird man heute nicht mehr vom Burger-Wender zum Filialleiter. Sondern man macht eine Ausbildung zum/r Fachfrau/Fachmann für Systemgastronomie.

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • Bonsoir mes ami,


    zuerst einmal möchte ich mich bei euch für die kritische und konstruktive Auseinandersetzung mit meinem Beitrag bedanken.


    BigBlock: Diese Aufspaltung (Besser: Einteilung) des Marktes in Kunden mit Sicherheitsbedarf und solche die von ihrer Versicherung genötigt werden "was zu tun" gibt es nach meiner eigenen Erfahrung schon seit Anfang der 1990er Jahre. Trotzdem gebe ich Dir recht mit deiner Aussage daß diese Entwicklung sich im Moment verschärft. Ausgelöst wird das durch den allseits steigenden Kostendruck und dem damit verbundenen Zwang Einsparungen vorzunehmen wo es nur geht. Ob Kunden aus der zweiten Gruppe das Umdenken anfangen und sich beim Einkauf in Richtung Qualität entscheiden hängt davon ab ob Diese schmerzliche Erfahrungen macht und wie schmerzlich diese Erfahrungen sind. Weiterhin beeinflusst wird diese Entscheidung auch von der Person des Entscheidungsträgers und seine Werten und Moralvorstellungen.


    Was die Liberalisierung in der EU bezüglich was Dienstleistungen betrifft, gehe ich davon aus das sich auch hier wieder 2 Parteien bzw. unterschiedliche Lager unter den Kunden bilden werden:


    - Lager 1 wird die Liberalisierung als Argument bei den Verhandlungen mit regionalen oder nationalen Unternehmen in Deutschland (Ich betrachte hier in allen meinen Ausführungen explizit die Entwicklung in Deutschland) nutzen, um so die Preise zu drücken.


    - Lager 2 wird den Standpunkt vertreten daß nur Landsleuten oder lange in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürgern zu trauen ist und auf dem Standpunkt stehen daß man da eher den "Bock zu Gärtner macht" wenn man sich ein ausländisches Unternehmen holt.


    Ein Fachliches Hemmnis bleiben meines Erachtens in den Meisten Fällen die unterschiedlichen Rechtssysteme, welche ja vorraussetzen daß Mitarbeiter welche in Deutschland eingesetzt werden sollen auch entscprechend dem deutschen recht "nach"-geschult werden müssen sowie eventuelle Sprachbarrieren.


    Auch wenn ich die Folgen nicht vorraussehen kann, Sie werden nicht ausbleiben. Moment mal, ich war zu voreilig: Eine Folge wird mit Sicherheit sein, daß bestimmte Unternehmen versuchen vor diesem Szenario mit ihren Mitarbeitern zu verhandeln "Wir müssen sparen um wettbewerbsfähiger zu werden", ob dann aber die erzielten Ergebnisse wirklich in die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit einfliessen bleibt zu erwarten. Also wird sich in punkto fairer Mitarbeiterbehandlung nicht unbedingt etwas tun, trotzdem werden sich einige Unternehmen selbst ins Abseits stellen.


    überflieger  Eugene Vidoq: Jedes Gremium bzw. jede Interessenvertretung (und als solche sehe ich den BDWS an) ist immer nur so gut wie die daran beteiligten Personen. Und diese sind stets daran interessiert die Interessen der Organisation durchzusetzen denen Sie quasi hauptamtlich angehören. Da gibt es selbstverständlich einige Vorstandsmitglieder welche von "selbsternannten Marktführern" kommen. Und die Besitzstandswahrung ist auch etwas natürliches, angefangen vom Mitarbeiter an der Pforte bis hin zum Unternehmensführer, also auch für die BDWS-Mitglieder.


    Der BDWS hat Arbeitskreise ebenso wie andere relvante Organisationen die über wohl oder Wehe entscheiden, so z.B. der VdS. Und in disen Arbeitskreisen welche die Vorlagen erarbeiten welche dann von den Versammlungen verabschiedet werden sitzen alle möglichen Leute drin, zwar auch kaufmännisch denkend aber mit hohen Qualitätsansprüchen welche versuchen das was für Sie "State of The Art" ist auch für die anderen festzuschreiben. Der Eine oder Andere davon hat zwar auch mal ein kleines Waterlooo erleben müssen wenn Er die strategische Bedeutung seines Geschäftsverhaltens nicht in dem erforderlichen Maße überblickt, aber im grossen und ganzen sitzen dort einige fähige Leute auch von den kleineren Unternehmen und ich hoffe daß dies noch lange so bleibt.


    Übrigens, der betreffende wird sich mit Sicherheit wiedererkennen (oder hat dies bereits) wenn er die kleine Anspielung liest. Und diese definitiv nicht fiktive Person halte ich für überaus fähig.


    secu-fss: Eine Qualitätssteigerung allein durch die Schaffung eines Ausbildungsberufes kann es meiner Meinung nach nicht geben. Dies sage ich gerade weil ich um die Situation von Azubis in bestimmten Unternehmen weiß. Ich kenne den Stoffkatalog und verschiedene Prüfungen, ebenso wie manche Unterlagen welche im Umlauf sind, egal ob von Unternehmen oder von Schulen oder sonstigen Einrichtungen. Und Lehrer und Ausbilder.


    Ich habe vor einiger Zeit auch einmal eine Ausbildung gemacht, danach meine Werkschutzfachkraft und meinen Werkschutzmeister draufgesetzt. Deshalb muss ich Dir antworten daß die Qualität der Ausbildung von der Qualität und Motivation der Ausbilder und Lehrer beinflusst wird. Egal welchen Beruf er erlernt. Wer gute Ausbilder/Lehrer hat lernt/erfährt viel was ihm später mal von Nutzen sein kann und die Qualität der von ihm abgelieferten Arbeit verbessert. Doch weder Ausbilder noch Lehrer sind in ganz Deutschland qualitativ gleichwertig. Leider.


    Die zweite Seite der Medaille ist die Motivation: Darüber kommen wir zu Herzberg und seinen Motivations- und Hygienefaktoren. Wenn die Fachkraft für Schutz und Sicherheit auf einer §34a-Stelle eingesetzt wird, und wie in Bayern derzeit knapp 7Euro/Stunde€verdient, trägt das nicht zur Motivation/Qualität bei. Und derzeit werden einfach mehr Stellen für Indianer als für Häuptlinge ausgeschrieben, und die Fachkraft wird ebenso wie die Werkschutzfachkraft eher als Häuptling angesehen. Vom Meister wollen wir hier gar nicht reden.


    Klaus schreibt das die Azubis wenig kosten und dasselbe leisten müssen wie die anderen. Wie ich in meinem Beitrag geschrieben wird dies bei vielen Unternehmen ausgenutzt. Daß die Azubis das auch wissen, trägt ebenfalls nicht zu deren Motivation bei.


    Langfristig wird es sich wie bei der Werkschutzfachkraft verhalten. Bestimmte Kunden fordern die Fachkraft für Schutz und Sicherheit und zahlen das auch, andere weniger, die Qualität wird sich in absehbarer zeit nicht ändern, höchstens sehr sehr langfristig.


    Trotzdem freut es mich, wenn Du nach deiner Ausbildung eine für Dich individuell passende Stelle bekommen hast, ich wünsche Dir noch eine gute Zeit und viel Spaß dabei.


    A bientot,


    Jules

    "Es ist schwer, ein Volk zu regieren,
    das 246 Sorten Käse hat..."
    Charles de Gaulle


    frz. Staatspräsident
    1890 - 1970

  • Zitat

    Da werden IMHO noch einige Firmen den Versuch starten, das Lohnniveau von 5 Teuro die Stunde auf die Hälfte zu drücken und busweise Mitarbeiter (aber nicht Mitverdiener) aus den neuen EU-Mitgliedsländern hierherzukarren, um sie voll zu verrechnen.


    Mal angenommen, das kommt wirklich. Als erstes wäre das Sprachproblem zu lösen.


    Die Frage ist, was tut man dagegen? Jeglicher Versuch der Ausgrenzung, der Begrenzung oder gar Schließung von Märkten hat noch nie funktioniert. Zölle auf Tee haben zur Gründung der USA geführt. Made in Germany sollte die britischen Waren schützen, wurde aber zum genauen Gegenteil, zu einem Gütesiegel. Also was tun?


    Denkbar wäre die Einstiegsvoraussetzungen zur Branche so hoch zu setzen, dass sie kaum einer schafft. Ein politisch gewolltes Oligopol. Wenn 400 von 3.000 Unternehmen für 80% des Umsatz zeichnen, wozu brauchen wir die anderen 2.600? Allerdings erinnere ich mich sehr wohl an das Gejammere, als die erste Stufe des Unterrichtungsverfahren eingeführt wurde, inklusive Klagen vor dem BVerfG wegen Einschränkung der Berufsfreiheit.
    Es gibt ein Land auf dieser Welt, da muss man um eine Genehmigung als Sicherheitsunternehmen zu bekommen 100.000 € Cash als Sicherheit hinterlegen, ein QM-System nachweisen, binnen 6 Monaten die ISO 9000 eingeführt haben und mindestens 2 Senior Manager müssen jeweils 15 Jahren einschlägige Managementerfahrung nachweisen. Da gab es früher mal über 100 SDL, heute 6. Unzufriedene Kunden gibt es auch, denn ein Oligopol verführt Anbieter dazu arrogant zu werden. Funktioniert also auch nicht wirklich.


    Was mal eine interessante Zahl wäre: wieviel von den 400 Heros-Millionen sind eigentlich in die Qualifizierung der Mitarbeiter geflossen? :shock:

    --
    Trotz markiger Erklärungen produzieren wir wenig Sicherheit und viel Sicherheitsmarketing, das bestenfalls Passagiere in Flugzeugen und Besucher von Massenveranstaltungen beruhigt.


    Dagobert Lindlau

  • Zitat von Eugene Vidoq


    Mal angenommen, das kommt wirklich. Als erstes wäre das Sprachproblem zu lösen.


    Die Frage ist, was tut man dagegen? Jeglicher Versuch der Ausgrenzung, der Begrenzung oder gar Schließung von Märkten hat noch nie funktioniert. Zölle auf Tee haben zur Gründung der USA geführt. Made in Germany sollte die britischen Waren schützen, wurde aber zum genauen Gegenteil, zu einem Gütesiegel. Also was tun?


    Denkbar wäre die Einstiegsvoraussetzungen zur Branche so hoch zu setzen, dass sie kaum einer schafft. Ein politisch gewolltes Oligopol.


    Selbst wenn irgend ein nationaler Politiker (lassen wir das Land jetzt mal aussen vor, das ist schon gar nicht mehr soo wichtig in der EU) den Versuch starten würde, irgendwelche Hemmnisse aufzubauen, würde das in kürzester Frist von EU-Institutionen gekippt werden.
    Eines der Probleme, die mir in den letzten Jahren sauer aufstossen ist der Umstand, dass das vereinigte Europa IMO als ein "Europa der Grossen" aufgestellt wurde. Nur wer IMHO Marktmacht und damit finanzielle Möglichkeiten vom Grossmittelständler aufwärts hat, kann heutzutage sich im EU-Dschungel behaupten und nicht nur die Geld- und Subventionstöpfe leeräumen und dann gleich noch die Regeln unauffällig so vermittels Lobbyarbeit "mitgestalten", dass kaum ein Aufstieg aus kleinen Verhältnissen möglich ist.
    Dummerweise hat sich jedoch die Annahme, dass ansässige grosse Konzerne auch ihren sozialen und gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen und Arbeitsplätze sichern helfen, als tragischer Irrtum herausgestellt. Und dummerweise ist, zumindest in Deutschland, die Summe der Arbeitsplätze, die von Grossfirmen besetzt werden, immer noch bei, ich glaub noch nicht mal zehn Prozent (das weiss ich im Moment nicht so ganz genau, hab keine aktuellen Zahlen gelesen iin letzter Zeit), der Löwenanteil von Arbeitsplätzen (und damit auch vom Steueraufkommen, welches sich in den letzten Jahren ja fast nur noch aus Lohn/Einkommensteuer und Verbrauchssteuern und kaum noch von Kapitalerträgen oder Firmengewinnen grösserer Unternehmen speist) wird von kleinsten, kleinen und mittelständischen Firmen gestellt.
    Daher halte ich jegliche Behauptung, man bräuchte keine kleineren Unternehmen (auch im Sicherheitsbereich) für nicht nur falsch, sondern geradezu zynisch, denn gerade die grösseren Unternehmen zeichnen zwar Umsätze, tragen aber IMHO nicht wesentlich zur positiven Marktgestaltung bei. Von positiven gesellschaftlichen Auswirkungen mal ganz zu schweigen.
    Meines Erachtens die einzige Möglichkeit, hier noch wirklich effektiv etwas zu gestalten, wäre ein Politikwechsel auf EU-Ebene, dummerweise bräuchte man dazu anständige und kompetente Politiker, da hab ich aber in letzter Zeit keine gesehen, denn das was sich da in Brüssel rumtreibt, könnte auch die Konzenzentrale der Securitunten bevölkern ("Ja wie? Ich darf meine Frau nicht mehr als Sekretärin beschäftigen und ihr meine ganze steuerfrei gezahlte Pauschale überweisen weil das Vetternwirtschaft ist?............................. Nagut, dann stell ich die Frau eines dänischen Kollegen ein, und der halt meine, dann ist es ja in Ordnung ....... " Stand sinngemäss mal so im Spiegel über einen deutschen EU-Abgeordneten der von Reportern danach befragt wurde).
    Ich fürchte nunmal, dass es in den nächsten Jahren im Sicherheitsgewerbe für gering oder, branchenbezogen, durchschnittlich qualifizierte Mitarbeiter noch schlechter werden wird, als es eh schon ist. Und Sprachbarrieren seh ich nicht als Hindernis, notfalls werden halt rudimentäre Englischkenntnisse (und/oder Kenntnisse der Sprache des Einsatzlandes) gerne auch mit EU-Unterstützung (und einem gewissen, auch damit zu erwirtschaftenden Gewinn; so ähnlich wie anfänglich die Schulung von Mitabeitern der FIS auf dem Frankfurter Flughafen von der Arbeitsagentur übernommen wurde und eine Menge Leute durchfielen oder rausgeekelt wurden, weil alleine mit den Schulungen schon Reibach gemacht wurde. Und es galt: für jeden gekündigten MA kam ein Nachfogler, der ja erstmal zum LuSiAssi ausgebildet werden musste) vermittelt, damit die Leute dann in betriebseigenen Unterkünften, natürlich gegen kleines Aufgeld, untergebracht werden und billig arbeiten können.
    Sowas gabs übrigens schonmal, nannte sich Manchesterkapitalismus und hatte so lustige Auswirkungen wie die Lohnzahlung in, vom Arbeitgeber ausgestellten, Wertmarken, welche nur in AG-eigenen Läden akzeptiert wurden, die erstaunlicherweise auch aufgrund der damit verbundenen Bürokratie etwas teurer waren, als unabhängige Läden.
    Dagegen etwas in wahrnehmbaren Ausmass unternehmen zu können wäre schön, wird aber zunehmend schwieriger und IMHO gewiss nicht von grossen Firmen ausgehen. Daher halte ich diese persönlich für verzichtbar, denn sie nutzen gesellschaftlich nichts mehr, hierzulande schon gleich gar nicht und auch die jetzigen Rekrutierungs- und Auslagerungsländer werden, schneller als ihnen lieb sein wird, feststellen, dass die Heuschrecken weiterziehen, sobald noch billigere und willigere Arbeitskräfte zu finden sind. (ich bin nicht unrealistisch und weiss, dass vermutlich niemand die Konzerne in die Schranken weisen wird, aber dies ist nunmal meine Auffassung und die darf man ja noch äussern)
    Just my two cents. :)


    Gruß
    BigBlock

    Hüte Dich vor dem Zorn eines sanftmütigen Mannes.

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