Der schöne Tag!

  • Ich fahre an meinem Arbeitsplatz auf die Parkfläche und steige aus, ich kann den Fernseher schon draußen hören. Als ich hereinkomme, sehe ich das der Kollege aus der Nachtschicht ein ganzes Frühstücks Büfett aufgebaut hat. Er merkt gar nicht das seine Ablösung da ist, und erschrickt als ich ihn anspreche.Er erholt sich schnell, und guckt munter weiter, es geht um Putzmittel und einen Hobel für Gemüse. „Du hast jetzt Feierabend, willst du nicht nach Hause?“ „Och nee, gleich kommt noch eine alte Folge von Lassie!“ Die Diskussion dauert, endlich hat er ein einsehen und packt zusammen, was länger dauert, weil er seinen halben Hausstand mitgebracht hat. Inzwischen habe ich den Fernseher ausgemacht, die ersten Mitarbeiter des Kunden beginnen ihre Schicht, und es sieht blöd aus, wenn der Kollege dasitzt und glotzt.Endlich hat er seine fünf Beutel und Taschen plus Toaster im Auto verstaut, und ist im Begriff sich zu verziehen. Er kommt nochmal rein, und fragt tatsächlich, ob es mich stören würde, wenn er noch ein bisschen TV guckt. Ich sage ihm das hier unser Arbeitsplatz ist, und er seine Sendung doch bitte zu Hause gucken soll. Es ist ein alter Herr um die zweiundsiebzig, und so bleibe ich ruhig. „Würdest du bitte jetzt nach Hause fahren, du störst mich beim Arbeiten!“„Bin ja schon weg“! Diese Geschichte hat bestimmt eine Viertelstunde gedauert, und die Schicht hat längst Fahrt aufgenommen. Es kommen zahlreiche Krankmeldungen rein, wir haben ein recht kompliziertes Buchungs und Verteiler System, an dem manch Anfänger schon verzweifelt ist. Mittlerweile kommen auch schon die ersten LKW, die Diskussion um die Sicherheitsausrüstung muss mehrmals geführt werden.Um zehn beruhigt sich die Lage etwas, ich schaffe es, eine Kleinigkeit zu essen. Da geht das Telefon, es ist der fünfzigste Anruf, heute wird ein strammer Tag. Der SHE Mann teilt mir mit, dass ein Verbandbuch Eintrag nicht gemailt wurde. Auch das hole ich nach, der nächste Anruf kommt von einem Meister, der zahlreiche Leute vermisst. Ich sage ihm, dass im Krankenbuch niemand steht von den Personen, die er vermisst.So, zwölf Uhr, der übliche Schub an LKW kommt, dazu jede Menge Besucher, die alle erfasst und weitergeitet werden müssen. Dazwischen noch Gespräche über die [lexicon='Arbeitssicherheit'][/lexicon] mit schlecht oder gar nicht deutschsprechenden LKW-Fahrern. Einer davon meint das ich kein Englisch verstehe, und beschimpft mich als alte Sau. Ich antworte ihm in fließendem Englisch, das sich seine Wartezeit deftig erhöhen wird, wenn er nicht vernünftig ist. Das wirkt sofort, und er ist wie ein Lämmchen!Ich nippe gerade an meinem heißen Kaffee, als die Assistenz vom Chef anruft, sie käme gleich runter und möchte die Portokasse sehen. Ich werfe schnell einen Blick In die Kasse, und finde einen Zettel, auf dem steht das sich mein älterer Kollege in der Nachtschicht fünfzig Euro geliehen hat. Der alte Spako hat wohl einen Nagel im Kopp! Ich informiere die Geschäftsleitung über diese Sache, sowie unser Unternehmen. Aber für den Enddarm Bewohner von unserem Disponenten hatte das mal wieder keine Konsequenzen, einzig die Assistenz der Geschäftsführung hat ihm wohl den Kopf gewaschen, am nächsten Tag durfte er dort antreten.Um vierzehn Uhr melden sich einige Kranke, und teilen mir die Dauer der Krankschreibung mit, die ich noch gar nicht in der Liste gesehen habe. Es stellt sich heraus, dass es die Leute sind, die von der Nachtschicht hätten aufgeschrieben werden müssen, und die der Meister vermisste. Auch in den Arzt Praxen ist wohl sehr viel los, so dass sich diese Leute so spät melden. Sie dachten ja das sie Zeit hätten, aber der Kollege hatte ihre erste Meldung über einen Arzt Besuch nicht erfasst und somit auch nicht weitergeleitet.Mittlerweile ist es kurz nach sechzehn Uhr, die Besucher sind weg, und Lastwagen kommen auch nicht mehr so viele. Es wunderte mich nicht, dass ich auf meinem Rundgang feststellte, dass auf der Liege im Saniraum wohl jemand genächtigt haben musste! Daher auch die Beschwerden der Mitarbeiter des Kunden, dass sie, wenn mein Kollege Dienst hatte, ihn nie finden könnten. Schnell beseitigte ich die Unordnung, damit kein MA des Kunden, dass noch mitbekommt.Es ist zwanzig vor sechs als ich wieder am Tresen ankomme, „Es fährt ein Zug nach nirgendwo“ dröhnt es mir entgegen. Mein lieber Kollege ist schon eher gekommen, und guckt sich in aller Gemütlichkeit die Oldie Parade an. Nun ist es genug, da es gerade sehr ruhig ist, führe ich ein längeres Gespräch mit ihm.Ich erkläre ihm, dass wir alle [lexicon='Gefahr'][/lexicon] laufen arbeitslos zu werden, wenn er sein Verhalten nicht ändert. Ich spreche ihn auf die Nachlässigkeiten an, sowie auf die Portokasse. Auch seine allzu große Nähe zu unserem Disponenten wird zum Thema. Er selber hat uns erzählt, dass er ja so einen guten Draht zu diesem hätte, und wenn wir mal Meeting hatten, konnte man sehen und hören wie er um ihn herumscharwenzelte. Her XY hier und Herr XY da!Er sank in sich zusammen, ich hatte kein Mitgefühl. Ich war nicht der einzige von uns Kollegen, der sich die ewigen Beschwerden über den alten Mann anhören musste. Zum guten Schluss sagte ich ihm, dass sich das ganze Kollegium dann mal beim [lexicon='Besitzer'][/lexicon] der Sicherheitsfirma einen Termin geben lassen würde. Und siehe da, auf einmal konnte der gute Mann sich zusammenreißen, bis auf ein paar nicht nennenswerte Fehler, die jedem passieren können, war die Leistung um Längen besser!Jahre später wurde die Sicherheitsfirma aus anderen Gründen gewechselt, nur ich und ein Kollege sind in dem Objekt geblieben, jetzt wurden fast alle aus der alten Firma gekündigt, weil man keinen Bedarf hatte. Nur einer ist geblieben, wer es errät kann sich eine Tafel Schokolade bei mir abholen!!

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